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No patents on beer!

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Keine Lösung bei Patenten auf Pflanzen und Tiere 29/06/2017

Trotz Verschärfung der Verbote: Konventionelle Züchtung wird auch in Zukunft patentiert

29. Juni 2017

Die 38 Vertragsstaaten des Europäischen Patentamts (EPA) haben bei ihrer Sitzung in Den Haag beschlossen, die Patentverbote im Bereich der Pflanzen- und Tierzucht zu verschärfen. Gleichzeitig wurden aber neue Schlupflöcher geschaffen, um die Verbote zu umgehen. So sollen auch zufällige Veränderungen des Erbguts patentierbar sein. Das EPA kann schon ab Juli wieder Patente auf herkömmliche Pflanzen und Tiere erteilen. Schon im Mai hatte das EPA Patentanmelder darüber informiert, dass mehrere Patente auf Pflanzen mit zufälligen Mutationen demnächst erteilt werden sollen. Die politischen und rechtlichen Auseinandersetzungen werden also weitergehen.

„Die Zivilgesellschaft hat erreicht, dass die Verbote im Europäischen Patentrecht teilweise verschärft wurden. Doch das ist noch keine dauerhafte Lösung“, sagt Ruth Tippe, die für die Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ regelmäßig entsprechende Patente recherchiert. „Auch in Zukunft wird das Patentrecht vom EPA und den Konzernen missbraucht, um sich die Grundlagen der Ernährung anzueignen. Wir werden dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen.“

Nach dem Wortlaut der europäischen Patentgesetze dürfen Pflanzen und Tiere, die aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“, das heißt aus einer Züchtung ohne Gentechnik, stammen, nicht patentiert werden. Doch das EPA hat in der Vergangenheit bereits knapp 200 Patente auf Pflanzen erteilt, die aus Kreuzung und Selektion oder anderen zufälligen Kombinationen von Erbgut entstanden sind. Gemäß dem Beschluss des EPA sollen in Zukunft Patente nur dann verweigert werden, wenn Pflanzen oder Tiere unmittelbar aus einer Kreuzung und Selektion entstehen. Sobald aber genetische Veranlagungen von Pflanzen oder Tieren beansprucht werden, laufen die Verbote ins Leere. Insbesondere Pflanzen und Tiere, deren Züchtung auf zufälligen Mutationen beruht, werden ausdrücklich als patentierbare Erfindungen definiert.

Eine klare Abgrenzung zur Gentechnik gibt es nicht: Werden Pflanzen mit bestimmten genetischen Veranlagungen patentiert, sind alle Pflanzen mit diesen Merkmalen von dem Patent betroffen, unabhängig davon, ob diese gezüchtet oder gentechnisch verändert wurden oder einfach so in der Natur vorkommen. Damit kommt das Patentamt den Wünschen der Industrie entgegen, die fordert, dass Pflanzen und Tiere immer dann als patentierbar gelten sollen, wenn deren genetische Eigenschaften im Detail beschrieben werden, unabhängig davon, wie diese Eigenschaften entstanden sind.

Ein Beispiel sind Patente der Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken. Diese erhielten 2016 zwei Patente auf Gerstenpflanzen, deren Körner zufällige Mutationen enthalten. Laut einem dritten Patent werden die beiden Gerstensorten so miteinander gekreuzt, dass deren Nachkommen eine Kombination der erwünschten Eigenschaften aufweisen. Das Patent umfasst die Gerste, den Vorgang des Bierbrauens und das mit dieser Gerste hergestellte Bier. Gegen die Patente haben zahlreiche Nichtregierungsorganisationen Einspruch eingelegt. Jetzt könnten diese Einsprüche zu Präzedenzfällen werden, an denen die neuen Regelungen erstmals getestet werden. Das EPA hat aber selbst schon gesagt, dass die neuen Regelungen die Bier-Patente nicht verhindert hätten.

„Werden Pflanzen und Tiere patentiert, können sie von anderen Züchtern nicht mehr oder nur noch mit Erlaubnis der Patentinhaber genutzt werden. Bisher sind alle konventionell gezüchteten Sorten für die weitere Züchtung frei verfügbar. Diese allgemeine Verfügbarkeit ist für die Innovation in der Züchtung sowie für die Erhaltung der biologischen Vielfalt extrem wichtig,“ sagt Katherine Dolan von Arche Noah, Österreich.

Die Monopolpatente nutzen vorwiegend den großen Konzernen. Mittelständische Züchter kommen dagegen unter Druck und werden aus dem Markt gedrängt oder aufgekauft. Landwirte und auch die VerbraucherInnen geraten so in immer größere Abhängigkeit von Konzernen wie Bayer und Monsanto, die zusammen bereits mehr als ein Viertel des weltweiten Saatgutmarktes kontrollieren.

Kontakte:

  • Ruth Tippe, Initiative „Kein Patent auf Leben!“: Tel +49 (0) 1731543409
  • Katherine Dolan, Arche Noah: Tel +43 (0) 676 557 4408, katherine.dolan@arche-noah.at
  • Christoph Then, Sprecher 'Keine Patente auf Saatgut!’, Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org

Hier geht es zur Pressemitteilung:

29-06-17 Pressemitteilung: Abstimmung bringt keine Lösung

Durch die Hintertür: Europäisches Patentamt will Patente auf Pflanzen und Tiere ausweiten 26/06/2017

In dieser Woche fällt wichtige Entscheidung zur Auslegung von Patentverboten

26. Juni 2017

Am Mittwoch dieser Woche treffen sich die 38 Vertragsstaaten des Europäischen Patentamts (EPA) in Den Haag, um Beschlüsse über die künftige Auslegung bestehender Patentverbote im Bereich der Pflanzen- und Tierzucht zu fassen. Das Europäische Parlament und die EU-Kommission fordern eine Begrenzung der Vergabe dieser Patente auf den Bereich Gentechnik. Laut vorliegender Beschlussvorlage will das Europäische Patentamt (EPA) in Zukunft bestimmte Patente tatsächlich nicht mehr erteilen. Gleichzeitig werden aber neue Schlupflöcher geschaffen, um die Verbote zu umgehen. Insgesamt wäre so in Zukunft eher mit einer Zunahme von Patenten im Bereich der konventionellen Züchtung zu rechnen.

Nach dem Wortlaut der europäischen Patentgesetze dürfen Pflanzen und Tiere, die aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“, das heißt aus einer Züchtung ohne Gentechnik, stammen, nicht patentiert werden. Doch das EPA hat in der Vergangenheit auch Patente auf Pflanzen erteilt, die aus einer Kreuzung und Selektion oder aus anderen zufälligen Kombinationen von Erbgut entstanden sind. Gemäß dem Vorschlag des EPA sollen in Zukunft Patente nur dann verweigert werden, wenn Pflanzen oder Tiere unmittelbar aus einer Kreuzung und Selektion entstehen. Sobald aber bestimmte genetische Veranlagungen beansprucht werden, laufen die Verbote ins Leere.

Eine klare Abgrenzung zur Gentechnik wird es dabei nicht geben: Werden Pflanzen mit bestimmten genetischen Veranlagungen patentiert, sind alle Pflanzen mit diesen Merkmalen von dem Patent betroffen, unabhängig davon, ob diese gezüchtet oder gentechnisch verändert wurden. Damit kommt das Patentamt den Wünschen der Industrie entgegen, die fordert, dass Pflanzen und Tiere immer dann als patentierbar gelten sollen, wenn deren genetische Eigenschaften im Detail beschrieben werden, unabhängig davon, wie diese Eigenschaften entstanden sind.

„Das EPA will großen Saatgutkonzernen wie Monsanto und Bayer auch in Zukunft Monopolrechte an konventionellem Saatgut gewähren. Sogar Pflanzen und Tiere mit zufälligen GenKombinationen sollen ausdrücklich als patentfähige Erfindungen gelten“, sagt Georg Janßen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in Deutschland. „Damit unterläuft das EPA den breiten Konsens in Politik und Zivilgesellschaft, dass konventionelle Züchtung nicht patentierbar sein darf.“

Ein Beispiel sind Patente der Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken. Diese erhielten 2016 zwei Patente auf Gerstenpflanzen, deren Körner zufällige Mutationen enthalten. Laut einem dritten Patent werden die beiden Gerstensorten so miteinander gekreuzt, dass deren Nachkommen eine Kombination der erwünschten Eigenschaften aufweisen. Das Patent umfasst die Gerste, den Vorgang des Bierbrauens und das mit dieser Gerste hergestellte Bier. Gegen die Patente haben zahlreiche Nichtregierungsorganisationen Einspruch eingelegt. Doch wenn der Vorschlag des Patentamts durchkommt, werden die Patente wohl nicht widerrufen werden.

Und die Patentlobby hat noch einen weiteren Coup gelandet: Einzelne Zellen von Pflanzen und Tieren – so ihre Vorstellung – sollen ebenfalls generell patentierbar sein. Ein derartiges Patent würde sich dann auch auf alle Pflanzen und Tiere erstrecken, die aus diesen Zellen bestehen.

„Die neuen Regelungen drohen die Initiative der EU-Kommission ins Leere laufen zu lassen. Patentanwälte und Firmen wissen ganz genau, wie sie die neuen Regeln nutzen können, um die Verbote zu umgehen“, sagt Katherine Dolan von der Arche Noah, Österreich. „Tatsächlich hat die Industrie an diesen Vorschlägen direkt mitgearbeitet.“

Werden Pflanzen und Tiere patentiert, können sie von anderen Züchtern nicht mehr oder nur noch mit Erlaubnis der Patentinhaber genutzt werden. Bisher sind alle konventionell gezüchteten Sorten für die weitere Züchtung frei verfügbar. Die Monopolpatente nutzen vorwiegend den großen Konzernen. Mittelständische Züchter kommen dagegen unter Druck und werden aus dem Markt gedrängt oder aufgekauft. Landwirte und auch die VerbraucherInnen geraten so in immer größere Abhängigkeit von Konzernen wie Bayer und Monsanto, die zusammen bereits mehr als ein Viertel des weltweiten Saatgutmarktes kontrollieren.

„Die Politik muss jetzt endlich gegensteuern, damit es nicht zu einem Ausverkauf unserer Ernährungsgrundlagen kommt. Doch nach unseren Informationen ist zu befürchten, dass auch der zuständige Bundesjustizminister Heiko Maas der neuen Regelung zustimmen wird, er scheint sich der tatsächlichen Folgen gar nicht bewusst zu sein“, sagt Christoph Then vom Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“. „Wir fordern ein lückenloses Verbot der Patentierung konventioneller Züchtung.“

„Keine Patente auf Saatgut!“ hat in einem Eilbrief an die Regierungen der Mitgliedsstaaten konkrete Korrekturen am vorliegenden Entwurf des EPA gefordert und selbst Vorschläge dazu unterbreitet. Sollte es nicht zu substanziellen Verbesserungen kommen, wird eine Ablehnung des Vorschlags gefordert.

Kontakte:

  • Georg Janßen, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und IG-Nachbau, janssen@abl-ev.de, Tel: 04131/407757
  • Katherine Dolan, Arche Noah: Tel +43 (0) 676 557 4408, katherine.dolan@arche-noah.at
  • Christoph Then, Sprecher 'Keine Patente auf Saatgut!’, Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org

Weiter Informationen:

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26-06-17 Pressemitteilung Vor der Abstimmung

Auf zur letzten Runde Freibier! 07/06/2017

Europäisches Patentamt vor Entscheidung über Patente auf Pflanzen und Tiere

7. Juni 2017

Mit einem Gespann von sechs Brauereipferden und einem Fass alkoholfreiem Ökobier fährt das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ beim Europäischen Patentamt (EPA) in München vor. Die Teilnehmer überbringen einen Einspruch gegen ein Patent der Firmen Carlsberg & Heineken, das 2016 erteilt wurde (EP 2575433). Die Brauereikonzerne beanspruchen Braugerste und Bier als ihre Erfindung. Am Einspruch beteiligen sich rund 40 Organisationen.

Die beanspruchten Gerstenpflanzen sollen den Brauprozess vereinfachen. Die Pflanzen sind nicht gentechnisch verändert, sondern stammen aus konventioneller Züchtung. Zuvor hatten die Brauereikonzerne bereits zwei Patente auf Gerstenpflanzen erhalten, in deren Körnern – aufgrund von zufälligen Mutationen – Geschmacksstoffe fehlen, die den Geschmack von Bier beeinträchtigen können. Laut dem dritten Patent werden die beiden Gerstensorten so miteinander gekreuzt, dass deren Nachkommen eine Kombination der erwünschten Eigenschaften aufweisen. Das Patent umfasst die Gerste, den Vorgang des Bierbrauens und das mit dieser Gerste hergestellte Bier.

„Dieses Patent ist ganz offensichtlich absurd: Zufallsmutationen sind doch keine Erfindung“, sagt Lara Dovifat von Campact. „Niemand darf sich unsere Ernährungspflanzen über Patente aneignen, egal ob es um Braugerste, Reis oder Weizen geht.“

Patente wie die auf Braugerste können auch in Zukunft erteilt werden. Zwar wollen sich – nach mehr als zehn Jahren des Protests der Zivilgesellschaft – die 38 Vertragsstaaten Ende Juni bei einer Sitzung des Verwaltungsrats des Europäischen Patentamts in Den Haag treffen, um die bestehenden Verbote im Patentrecht zu stärken. Pflanzen und Tiere, deren Züchtung ausschließlich auf Kreuzung und Selektion beruht, dürfen in Zukunft nicht mehr patentiert werden. Doch der Entwurf erlaubt weitreichende Ausnahmen: Weisen die Pflanzen oder Tiere beispielsweise zufällige Mutationen auf, sind sie weiterhin patentierbar. Das gilt auch für die Braugerste. Der geplante Beschluss steht im Widerspruch zu einer Stellungnahme der EU-Kommission von November 2016, nach der nur gentechnische Verfahren patentiert werden dürfen, bei denen gezielt auf der Ebene des Erbguts von Pflanzen und Tieren eingegriffen wird. Auch das Europäische Parlament hatte gefordert, Patente auf konventionelle Züchtung ausnahmslos zu verbieten.

„Patente auf konventionell gezüchtetes Saatgut gefährden die globale Ernährungssicherung. Die großen Konzerne orientieren sich an ihrer Gewinnmaximierung und betreiben keineswegs Züchtung für das globale Allgemeinwohl“, so Fabian Molina von der Entwicklungshilfe-Organisation Swissaid. „Die Arbeit traditioneller Züchter darf nicht durch Patente behindert werden, damit wir auch in Zukunft regional angepasste Sorten haben.“

Die Einspruch einlegenden Organisationen fordern, dass die konventionelle Zucht von Pflanzen und Tieren vollständig von der Patentierung ausgenommen wird.

„Wir geben heute möglicherweise die letzte Runde Freibier am Europäischen Patentamt aus. Das Amt hat seit seinem Bestehen immer nur den Interessen der Industrie und der Patentanwälte gedient“, sagt Georg Janßen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Wir fordern, dass jetzt die Patentverbote endlich wirksam werden, die für Verbraucher, Landwirte und Züchter von größter Wichtigkeit sind.“

Am Einspruch beteiligt sind u. a. die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (AGU), Arche Noah Österreich, Bioland, ARGE Schöpfungsverantwortung Östterreich, Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Bündnis gentechnikfreie Landwirtschaft, der BUND Naturschutz Bayern (BN), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), Campact, Copenhagen Food co-operative Dänemark, Die Freien Bäcker, Evangelischer Dienst auf dem Land in der EKD (EDL), Erzeugergemeinschaft für ökologische Braurohstoffe (EZÖB), Erzeugergemeinschaft Bördeland und Diemetal, FIAN, GAIA Portugal, Gäa e. V. – Vereinigung ökologischer Landbau, Gen-ethisches Netzwerk (GeN), HORIZONT3000 Österreich, IG Milch Österreich, IG Nachbau, Katholische Landvolkbewegung (KLB), Kein Patent auf Leben!, No Patents on Seeds!, NOAH – Friends of the Earth Denmark, Plataforma transgenicos fora Portugal, Pro Regenwald, ProSpecie Rara Schweiz, Sambucus, Save Our Seeds!, Slow Food Deutschland, Swissaid, Umweltinstitut München, Verband Katholisches Landvolk (VKL), Welthaus Diözese Graz-Seckau, Österreich, WeMove.EU, Zivilcourage Rosenheim und Miesbach sowie und die Zukunftsstiftung Landwirtschaft.

Kontakte:

  • Lara Dovifat, Campact, Tel: 0160 / 947 41 031, dovifat@campact.de
  • Fabian Molina, wissenschaftlicher Mitarbeiter SWISSAID, +41 79 781 12 28
  • Georg Janßen, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und IG-Nachbau, janssen@ablev.de, Tel: 04131/407757
  • Christoph Then, Sprecher 'Keine Patente auf Saatgut!’, Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org

Für weitere Informationen:

Europäisches Patentamt will Verbot der Patentierung von Pflanzen und Tiere stärken 29/05/2017

Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ fordert Nachbesserungen

29. Mai 2017

Seit mehr als zehn Jahren gibt es kontinuierlich Proteste von großen Teilen der Zivilgesellschaft gegen die Patententscheidungen des Europäischen Patentamts (EPA). Nun will sich der Verwaltungsrat des EPA in einem Monat in Den Haag treffen, um einen Beschluss zu fassen, mit dem die bestehenden Verbote im Patentrecht gestärkt und Patente auf Pflanzen und Tieren aus konventioneller Züchtung verboten werden sollen. Demnach sollen Pflanzen und Tiere, deren Züchtung nur auf Kreuzung und Selektion beruht, nicht mehr patentierbar sein. Patente wie sie in den letzten Jahren auf Brokkoli und Tomaten erteilt wurden, wären damit verboten. Trotz dieses Erfolgs sehen die Organisationen der Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ aber noch deutlichen Bedarf für Nachbesserungen.

„Wir begrüßen es sehr, dass die Verbote jetzt verschärft werden sollen, verlangen aber, dass auch die immer noch vorhandenen Schlupflöcher geschlossen werden. Nur so kann eine ausreichende Rechtssicherheit für traditionelle Züchter erreicht werden“, sagt Christoph Then für „Keine Patente auf Saatgut!“. „Letztlich muss klargestellt werden, dass nur gentechnische Verfahren patentiert werden können, nicht aber die übliche Züchtung. Diese klare Trennung fehlt im bisherigen Entwurf des Patentamtes.“

Die Organisationen hinter „Keine Patente auf Saatgut!“ fordern, dass konventionelle Zucht von Pflanzen und Tieren vollständig von der Patentierung ausgenommen wird und die Patente strikt auf gentechnische Verfahren begrenzt werden. Diese Forderung wird auch vom Europäischen Parlament unterstützt und steht in Übereinstimmung mit dem Inhalt einer Stellungnahme der EU-Kommission vom November 2016. Auch der Evangelische Kirchentag in Berlin hat sich jüngst in einer Resolution dieser Forderung angeschlossen.
Der derzeitige Entwurf soll immer noch weitreichende Ausnahmen erlauben: Weisen die Pflanzen oder Tiere beispielsweise zufällige Mutationen auf, können sie weiterhin wie Erfindungen patentiert werden. Dagegen heißt es in der Stellungnahme der EU-Kommission von November 2016, dass nur gentechnische Verfahren patentiert werden dürfen, bei denen direkt auf der Ebene des Erbguts von Pflanzen und Tieren eingegriffen wird. Auch das Europäische Parlament hatte gefordert, Patente auf konventionelle Züchtung ausnahmslos zu verbieten.

Ein Beispiel dafür, wie diese Schlupflöcher bereits genutzt werden, sind Patente auf Bier der Firmen Carlsberg und Heineken, die 2016 vom EPA erteilt wurden. Ausgehend von zufälligen Mutationen werden alle Gerstenpflanzen beansprucht, die eine bestimmte Brauqualität haben. Zudem werden auch das Brauen und das Bier selbst als Erfindung beansprucht. Gegen diese Patente wurden inzwischen in mehreren europäischen Ländern Protestaktionen gestartet und Einsprüche eingelegt.
Anlässlich der geplanten Abstimmung Ende Juni hat „Keine Patente auf Saatgut!“ einen Brief an das Europäische Patentamt geschrieben und gefordert, dass der vorliegende Vorschlag noch einmal diskutiert und überarbeitet wird. Zudem beanspruchen die Organisationen Zugang zur entscheidenden Sitzung des Verwaltungsrats. Dort sind bisher nur die Vertreter der Industrie und der Lobby der Patentanwälte als Beobachter zugelassen.

Kontakte:

  • Katherine Dolan, Arche Noah: Tel +43 (0) 676 557 4408, katherine.dolan@arche-noah.at

  • Christoph Then, Sprecher für 'Keine Patente auf Saatgut!’, Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org
  • Johanna Eckhardt, Projektkoordination für 'Keine Patente auf Saatgut!’, Tel + 43 680 2126 343, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org

Weitere Informationen

Der Brief ans Europäische Patentamt

Die Resolution des Evangelischen Kirchentages

Bericht über Patente auf Saatgut

Pressemitteilung_27_5_2017

Europäisches Patentamt trifft sich mit Industrie wegen Patenten auf Saatgut – unter Ausschluss der Öffentlichkeit 26/04/2017

Ausschuss Patentrecht diskutiert über Verbot der Patentierung konventioneller Züchtung von Pflanzen und Tieren

26. April 2017

Morgen trifft sich der Ausschuss Patentrecht des Europäischen Patentamtes (EPA) in München, um darüber zu beraten, wie Patente auf die konventionelle Züchtung von Pflanzen und Tieren in Zukunft verhindert werden können. Das Treffen ist eine Reaktion auf eine Stellungnahme der EU-Kommission, nach der Patente lediglich auf gentechnische Veränderungen nicht aber auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere erteilt werden dürfen. Diese Stellungnahme wird auch von den EU-Mitgliedsländern unterstützt, die eine Mehrheit unter den 38 Vertragsstaaten des EPA haben. Nachdem das EPA in den letztenJahren bereits rund 200 Patente erteilt hat, die die konventionelle Züchtung von Pflanzen betreffen, muss diese Rechtspraxis jetzt geändert werden. Ob es jedoch zu ausreichenden Veränderungen kommen wird, muss bezweifelt werden. Ein Grund: Am Treffen des Ausschusses nehmen auch die Industrie und die Lobbyorganisation der Patentanwälte teil, die Öffentlichkeit bleibt aber ausgeschlossen.

„Die internationale Koalition 'Keine Patente auf Saatgut!’ hat bereits im Februar angefragt, ob die Öffentlichkeit zu diesem wichtigen Treffen zugelassen wird. Wir haben keine Antwort erhalten. Gleichzeitig können die Industrie, vertreten durch BUSINESSEUROPE und die Lobbyorganisation der Patentanwälte, epi, die hier ihre eigenen Interessen verfolgen, am Treffen teilnehmen und haben Zugang zu den relevanten Unterlagen“, sagt Katherine Dolan von Arche Noah Österreich. „Das EPA, dessen Bedeutung und Einkommen von der Anzahl der erteilten Patente abhängt, versucht hier offensichtlich seine eigenen Interessen und die Interessen der Industrie vor der Öffentlichkeit zu schützen.“

Es gibt weitere gute Gründe an der Bereitschaft des EPA zu zweifeln: In einem vertraulichen Papier des Präsidenten des EPA, das „Keine Patent auf Saatgut“ vorliegt, werden nur geringfügige Veränderungen vorgeschlagen. Demnach sollen nur solche Pflanzen und Tiere vom Patentschutz ausgenommen werden, die ausschließlich aus einer Kombination von Kreuzung und Selektion stammen, andere konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere nicht. Wie eine aktuelle Recherche von 'Keine Patente auf Saatgut!’ zeigt, könnte dieses Verbot mühelos durch eine gezielte Formulierung von Patentansprüchen umgangen werden:

„Konventionelle Züchtung ist weit mehr als eine Kombination von Kreuzung und Selektion. Die Auswahl und Verwendung von genetischen Besonderheiten und Zufallsmutationen werden in der Pflanzenzucht ebenso eingesetzt wie Verfahren zur Vermehrung von Pflanzen ohne zusätzliche Kreuzung“, sagt Christoph Then für 'Keine Patente auf Saatgut!’ „Unsere Recherche zeigt, dass etwa 65 % der Patente, die 2016 im Bereich konventioneller Züchtung erteilt wurden, auf Zufallsmutationen beruhen. Diese wären auch in Zukunft patentierbar, wenn der Vorschlag des Präsidenten des EPA angenommen würde.“

Ein Beispiel dafür, wie diese Schlupflöcher bereits genutzt werden, sind Patente auf Bier der Firmen Carlsberg und Heineken, die 2016 vom EPA erteilt wurden. Ausgehend von zufälligen Mutationen werden alle Gerstenpflanzen beansprucht, die eine bestimmte Brauqualität haben. Zudem werden auch das Brauen und das Bier selbst als Erfindung beansprucht. Gegen diese Patente wurden inzwischen in mehreren Europäischen Ländern Protestaktionen gestartet. In einem Positionspapier, das an die Mitglieder des Ausschusses Patentrecht verschickt wurde, hat 'Keine Patente auf Saatgut!’ deswegen drei Kernforderungen formuliert:

  • Das EPA muss klarstellen, dass alle Verfahren, die in der konventionellen Züchtung eingesetzt werden, von der Patentierung ausgenommen werden, darunter auch die Verwendung von zufälligen Mutationen und alle Einzelschritte wie die Auswahl oder die Vermehrung von Pflanzen und Tieren.
  • Das EPA muss klarstellen, dass alle „Produkte“, die in der konventionellen Züchtung verwendet oder mit deren Hilfe gewonnen werden, vom Verbot der Patentierung erfasst werden. Dazu gehören auch Teile von Pflanzen und Tieren und deren genetischen Grundlagen.
  • Im Bereich der Züchtung von Pflanzen und Tieren darf kein „absoluter Stoffschutz“ gewährt werden, der es erlauben würde, die Reichweite von Patenten, die im Bereich Gentechnik erteilt werden, auf Pflanzen und Tiere mit ähnlichen Merkmalen auszuweiten.

Im Ergebnis fordert 'Keine Patente auf Saatgut!’, dass die zukünftige Praxis des EPA für konventionelle Züchter eine vergleichbare Rechtssicherheit bietet, wie dies im Sortenschutzrecht im Rahmen des „Züchterprivilegs“ üblich ist: Solange ein Züchter keine gentechnischen Verfahren oder gentechnisch veränderte Pflanzen oder Tiere verwendet, muss er sich auch nicht um Patente kümmern.

Es wird erwartet, dass sich die 38 Vertragsstaaten des EPA, zu denen auch die Mitgliedsländer der EU gehören, im Juni 2017 in einer Sitzung des Verwaltungsrates des EPA treffen werden. Dabei könnten sie auch eine Entscheidung darüber treffen, wie die Verbote des Patentrechts in Zukunft ausgelegt werden. Die Entscheidung kann mit einer Zweidrittel-Mehrheit der Delegierten getroffen werden.

Kontakte:

  • Katherine Dolan, Arche Noah: Tel +43 (0) 676 557 4408, katherine.dolan@arche-noah.at
  • Christoph Then, Sprecher für 'Keine Patente auf Saatgut!’, Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org
  • Johanna Eckhardt, Projektkoordination für 'Keine Patente auf Saatgut!’, Tel + 43 680 2126 343, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org

Weitere Informationen:

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26-04-17 Pressemitteilung: Patentrechtsausschuss

Keine Patente auf Brot und Bier! 10/04/2017

Neue Recherche zeigt viele Schlupflöcher für Patente auf Pflanzen

10. April 2017

Patentansprüche, in denen Weizen, Mehl und Brot sowie Tomaten, Salate und Gurken als Erfindung der Industrie beansprucht werden: Dies sind nur einige Beispiele für Patente, die im Jahr 2016 eingereicht wurden. Die Patente beruhen auf konventioneller Züchtung ohne den Gebrauch von Gentechnik. Obwohl die Institutionen der EU gemeinsam erklärt haben, dass Patente auf konventionelle Züchtung von Pflanzen und Tieren gestoppt werden sollen, werden offenbar immer mehr solcher Patentanträge für Europa eingereicht. Wenn die Politik jetzt nicht einschreitet, haben viele von ihnen gute Aussichten, vom Europäischen Patentamt (EPA) auch erteilt zu werden.

Eine Recherche der Initiative „Keine Patente auf Saatgut!“ zeigt, dass 2016 rund 60 Patente, die bei der Weltpatentbehörde (WIPO) in Genf einreicht wurden, konventionell gezüchtete Pflanzen betreffen. Weitere 50 Anmeldungen betreffen sowohl konventionelle Züchtung als auch Gentechnik. Zusammen machen diese Patente rund 30 Prozent aller Anmeldungen im Bereich Pflanzen aus. Insgesamt wurden rund 340 Anmeldungen auf Pflanzen recherchiert. Die meisten dieser Patente werden auch am EPA geprüft.

“Konzerne wie Monsanto, Bayer, DuPont, Dow AgroSciences und Syngenta melden in Europa mehr und mehr Patente auf konventionelle Pflanzenzucht an. Diese Firmen vergeuden hier nicht einfach Zeit und Geld. Sie erwarten, dass die meisten der Patente auch erteilt werden“, sagt Ruth Tippe, die die Recherche für 'Keine Patente auf Saatgut!’ gemacht hatte.

Die Firmen mit den meisten Patentanmeldungen sind DuPont (38 Anmeldungen), Monsanto (22), Dow AgroSciences (16), Bayer (14) und Syngenta (7). So wie die neuen Patentanträge formuliert sind, können sie weitreichende Auswirkungen haben. Die Firmen melden zunehmend Patente auf genetische Merkmale an, die sie beispielsweise bei der Untersuchung natürlicher Populationen entdeckt haben. Wenn diese Patente erteilt werden, erstrecken sie sich auf alle Pflanzen mit diesen Merkmalen, unabhängig davon, wie diese gezüchtet werden.

Unter den Anträgen finden sich auch Patente auf Weizen, Mehl und daraus hergestellte Lebensmittel. Diese Patente wurden von der US-Firma Arcadia BioSciences angemeldet, die auch mit Konzernen wie Dow AgroSciences zusammenarbeitet. Die Firmen beanspruchen zufällige Mutationen und genetische Varianten im Erbgut von Weizen. Diese sollen helfen, die Haltbarkeit von Weizenkörnern, Mehl und Brot zu verbessern. Arcadia beansprucht alle Weizenpflanzen mit derartigem Erbgut, sowie die daraus hergestellten Lebensmittel. Die Firma hat gute Chancen, dass diese Patente auch erteilt werden. 2016 hat das EPA ähnliche Patente für die Brauereikonzerne Carlsberg & Heineken erteilt, die auf zufälligen Mutationen der Gerste beruhen und auch das Brauen und das so hergestellte Bier betreffen.

„Es zeigt sich immer deutlicher, dass die Patente von Carlsberg und Heineken wichtige Präzedenzfälle sind. Nur wenn die Politik dafür sorgt, dass Patente wie die auf Gerste in Zukunft nicht mehr erteilt werden, wird auch ein großer Teil der aktuellen Patentanträge scheitern“, sagt Christoph Then, Sprecher von „Keine Patente auf Saatgut!“. „Andernfalls wird der Ausverkauf unserer Ernährungsgrundlagen mit aktiver Unterstützung des EPA fortgesetzt.“

Tatsächlich hat sich bei weiteren Recherchen gezeigt, dass die Prüfer des EPA die Firmen beraten, wie Patentanträge formuliert werden müssen, damit diese auch in Zukunft weitere Monopole auf konventionell gezüchtete Nahrungspflanzen erhalten.

„Keine Patente auf Saatgut!“ fordert, dass die Vertragsstaaten des EPA bei ihrer nächsten Sitzung im Juni die Weichen für lückenlose Verbote im Bereich der konventionellen Züchtung stellen. Ein Vorschlag mit entsprechenden Formulierungen wurde dem Ausschuss Patentrecht des EPA übermittelt. Dieser tagt Ende April und will über die zukünftige Auslegung der bestehenden Verbote diskutieren. Bei der Sitzung sind auch die Industrie und die Lobby der Patentanwälte als Beobachter zugelassen. „Keine Patente auf Saatgut!“ fordert deswegen ebenfalls Zugang zu dieser Sitzung.

Kontakte:

  • Christoph Then, Sprecher für „Keine Patente auf Saatgut!“, Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org
  • Ruth Tippe, Recherche für „Keine Patente auf Saatgut!“, Tel + 49 (0) 173 1543409, rtippe@keinpatent.de
  • Johanna Eckhardt, Projektkoordination, Tel + 43 680 2126 343, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org

Weitere Informationen:

10-04-17 Pressemitteilung: Kein Patent auf Brot

Europäisches Patentamt erteilt weiterhin Patente auf Pflanzen 06/04/2017

„Keine Patente auf Saatgut!“ wertet jüngste Patenterteilungen aus

6. April 2017

Die Initiative „Keine Patente auf Saatgut!“ hat Patente auf Pflanzen und Pflanzenzucht ausgewertet, die das Europäische Patentamt (EPA) in München 2016 erteilt hat. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr rund 170 Patente auf Pflanzen erteilt. Weitere 60 Patente betreffen Verfahren zur gentechnischen Veränderung und zur Züchtung von Pflanzen. Die Zahl der europäischen Patente auf Nutzpflanzen stieg damit auf rund 3000. Ein wachsender Anteil davon betrifft auch die konventionelle Züchtung. Obwohl das Patentamt Ende 2016 offiziell einen Stopp der Patentierung konventioneller Züchtung verkündet hatte, wurden auch letztes Jahr rund 40 Patente in diesem Bereich erteilt. Insgesamt hat das EPA bereits rund 200 Patente auf konventionelle Züchtung erteilt.

Wie die genauere Recherche zeigt, hat das EPA 2016 die Erteilung mehrere Patente auf konventioneller Pflanzenzucht tatsächlich aufgeschoben, nachdem die EU erheblichen Druck gemacht hatte. EU-Kommission, die Regierungen der Mitgliedsländer und das Europäische Parlament hatten sich gleichermaßen gegen derartige Patente ausgesprochen. Doch es zeigt sich, dass das Amt gleichzeitig versucht, unbemerkt möglichst viele Schlupflöcher offen zu halten. Das EPA plant demnach keineswegs, konventionelle Züchtung generell vom Patentschutz auszunehmen. Viele Firmen und Patentanwälte haben sich offensichtlich bereits auf die neue Situation eingestellt und passen die Patentanträge entsprechend an.

„Es ist erschreckend, wie leicht es für Konzerne und Patentlobby ist, sich dem politischen Druck zu entziehen. Man formuliert einfach die Ansprüche etwas anders und kann sich weiterhin Patente vom Saatgut bis zur Ernte und damit die Kontrolle über die Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft sichern“, sagt Christoph Then für „Keine Patente auf Saatgut!“

Ein häufig genutzter Trick ist es dabei, nicht länger den Züchtungsvorgang selber als Erfindung zu beanspruchen, sondern züchterische Merkmale wie genetische Veranlagungen oder Änderungen im Erscheinungsbild der Pflanzen. Die Reichweite derartiger Patente erstreckt sich dann auf alle Pflanzen mit diesen Merkmalen, unabhängig davon, wie sie hergestellt wurden. Zudem werden oft auch zufällige Mutationen als Erfindung deklariert. Dagegen hatte die EU-Kommission darauf verwiesen, dass auf Grundlage der bestehenden Gesetze nur gentechnische Verfahren als patentfähig gelten. Rund 65 Prozent der Patente auf konventionelle Züchtung, die 2016 erteilt wurden, basieren aufzufälligen Mutationen.

Ein Beispiel dafür, wie diese Schlupflöcher genutzt werden, sind Patente auf Bier der Firmen Carlsberg und Heineken. Ausgehend von zufälligen Mutationen werden alle Gerstenpflanzen beansprucht, die eine bestimmte Brauqualität haben. Zudem werden auch das Brauen und das Bier selbst als Erfindung beansprucht. Gegen dieses Patent wurden inzwischen in mehrerenEuropäischen Ländern Protestaktionen gestartet. Ähnliche Patente auf zufällige Mutationen wurden 2016 auch für die Firmen Bayer (Raps), Monsanto (Ölpflanzen) und DuPont (Mais) erteilt. DasPatentamt weist in den Prüfbescheiden die Firmen sogar darauf hin, dass sie ihre Ansprüche ändern sollen, um entsprechende Patente auch in Zukunft zu erhalten.

Konzerne wie Bayer, Monsanto, BASF und DuPont haben 2016 verhältnismäßig am meisten Patente erhalten. Wenn man die jeweiligen Firmenableger miteinbezieht, sind BASF und Monsanto mit jeweils rund 30 Patenten führend, gefolgt von Bayer (20), DuPont und Dow AgroSciences (zusammen 14) sowie Syngenta (8). Falls Monsanto wie geplant von der Firma Bayer übernommen würde, läge der neu formierte Konzern bei weitem an der Spitze. Bayer hat bereits angekündigt, dafür sorgen zu wollen, dass Verbote im Bereich der Pflanzenzucht nicht verschärft werden.

„Keine Patente auf Saatgut!“ fordert, dass die Vertragsstaaten des EPA bei ihrer nächsten Sitzung im Juni die Weichen für lückenlose Verbote im Bereich der konventionellen Züchtung stellen. EinVorschlag mit entsprechenden Formulierungen wurde dem Ausschuss Patentrecht des EPA übermittelt. Dieser tagt Ende April und will über die zukünftige Auslegung der bestehenden Verbote diskutieren. Bei der Sitzung sind auch die Industrie und die Lobby der Patentanwälte als Beobachter zugelassen. „Keine Patente auf Saatgut!“ fordert deswegen ebenfalls Zugang zu dieser Sitzung.

Kontakte:

  • Christoph Then, Sprecher für „Keine Patente auf Saatgut!“, Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org
  • Johanna Eckhardt, Projektkoordination, Tel + 43 680 2126 343, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org

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06-04-17 Presseaussendung: Patente auf Pflanzen erteilt

Aufruf gegen Patent auf Bier gestartet 15/03/17

Wir brauchen wirksame Verbote im europäischen Patentrecht!

15. März 2017

32 Nichtregierungsorganisationen starten heute einen Aufruf an die Politik und fordern endlich wirksame Verbote, um Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung zu verhindern. Konkret wendet sich ihr Protest gegen Patente für die Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken, die 2016 vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt wurden (EP2384110, EP2373154 und EP2575433). Sie erstrecken sich auf Gerste aus konventioneller Züchtung und deren Verwendung durch die Brauereien sowie das damit produzierte Bier. Diese Patente beruhen auf zufälligen Mutationen im Erbgut der Pflanzen. Zwar haben sowohl die EU-Kommission als auch die Regierungen der EU-Staaten jüngst noch einmal klargestellt, dass Pflanzen und Tiere aus konventioneller Zucht nicht patentiert werden dürfen, doch das Europäische Patentamt ist offenbar nicht bereit, sich in Zukunft auch daran zu halten, sondern will weiterhin Patente auf zufällige Mutationen erteilen. Die Organisationen fordern daher, dass die Politik jetzt dafür sorgt, dass die bestehenden Schlupflöcher schnellstmöglich geschlossen werden.

Der Einsatz der Gerste soll das Brauen billiger und das Bier länger haltbar machen. Die Brauereikonzerne können somit gleich zweimal verdienen: am Verkauf des Biers und am Anbau der Gerste. Zugleich können sie aber auch andere Züchter daran hindern, eine noch bessere Gerste zu
züchten. So weiten die Konzerne ihre Marktmacht weiter aus – zum Schaden von Landwirten, Züchtern, anderen Brauereien und der VerbraucherInnen.

„Wenn zufällige Mutationen im Erbgut von Pflanzen ausreichen, um Gerste und Bier als Erfindung zu beanspruchen, stimmt das ganze Patentsystem nicht. Die Politiker sollten diesem Treiben nicht länger zusehen, sondern dafür sorgen, dass in Europa die Interessen der Verbraucher Vorrang vor den Interessen der Konzerne haben“, sagt Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.

Geht es nach den Vorstellungen des Europäischen Patentamts, wären aber Pflanzen und Tiere, bei denen natürliche Mutationen entdeckt oder bei denen zufällige Mutationen ausgelöst werden, auch in Zukunft patentierbar. Im Bereich der konventionellen Züchtung beruht etwa die Hälfte der erteilten Patente auf derartigen „zufälligen Erfindungen“.

„Solange Patente auf Pflanzen und Tiere mit zufälligen Mutationen erlaubt sind, bleibt das Verbot der Patentierung konventioneller Züchtung weitgehend unwirksam. Wir brauchen hier dringend eine Klarstellung seitens der Politik“, sagt Ruth Tippe von der Initiative „Kein Patent auf Leben!“. „Unsere Recherche zeigt, dass diese Patente einen großen Anteil im Bereich der konventionellen Zucht ausmachen.“
Die Patente der Firmen Carlsberg und Heineken erstrecken sich nicht nur auf Braugerste, das Brauen von Bier und das Bier selbst, sondern auch auf alle Gerstenpflanzen mit den beanspruchten Eigenschaften, unabhängig davon, wie sie gezüchtet wurden. Deswegen fordern die Organisationen,dass auch die Reichweite der Patente klar begrenzt wird.

„Die derzeitige Praxis des EPA bedeutet, dass eine Firma, die beispielsweise per Gentechnik Pflanzen oder Tiere mit bestimmten Eigenschaften herstellt, auch Pflanzen oder Tiere mit diesen Eigenschaften beanspruchen kann, die mit ganz anderen Verfahren gezüchtet oder in der Natur entdeckt werden“, sagt Christoph Then für die Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“. „Wenn man hier keine rechtlich wirksame Grenze zieht, können die Verbote viel zu leicht ausgehebelt werden.“ Die Organisationen weisen darauf hin, dass das EPA schon in der Vergangenheit aus eigenen wirtschaftlichen Interessen heraus immer wieder versucht hat, die Patentverbote durch juristische Tricks auszuhebeln. Sie fordern, dass die Politik es nicht länger dem EPA überlässt, über die Auslegung der Verbote zu entscheiden.

Der Appell wird gestartet von: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL, Deutschland), Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen in der EKD (AGU, Deutschland), Arche Noah (Österreich), Bioland (Deutschland), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Bund Naturschutz in Bayern (BN), Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW, Deutschland), Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN, Deutschland), Die freien Bäcker, FIAN (Deutschland), Frosamlerne (Dänemark), Gen-ethisches Netzwerk (Deutschland), Katholische Landvolkbewegung Deutschland (KLB, Deutschland), Kein Patent auf Leben! (Deutschland), Keine Patente auf Saatgut! (Europa), Kultursaat e.V. (Deutschland), Landesforeningen Praktisk Økologi (Dänemark), IG Nachbau (Deutschland), IG Saatgut (Deutschland), NOAH – Friends of the Earth (Dänemark), Plataforma Transgénicos Fora (Portugal), ProSpecieRara (Schweiz), PublicEye (Schweiz), Sambucus (Deutschland), Save our Seeds (SOS, Deutschland), SLOW (Dänemark), Slow Food Deutschland (und Dänemark regional), Swissaid (Schweiz), Umweltinstitut München (Deutschland), Verband Katholisches Landvolk e.V. (Deutschland), Zivilcourage (Deutschland).

Der Appell richtet sich unter anderem an den deutschen Bundesminister für Justiz, Heiko Maas. Die beteiligten Gruppen und Verbände erwarten, dass die 38 Mitgliedsländer des EPA, zu denen auch
Deutschland und die Länder der EU gehören, in der ersten Hälfte 2017 auf einer Sitzung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation einen Beschluss darüber fassen, wie die bestehenden Verbote in Zukunft ausgelegt werden sollen. Die Nichtregierungsorganisationen fordern, dass Maas sich auf dieser Sitzung für lückenlose Verbote einsetzt. Auch heute und morgen tagt der Verwaltungsrat des EPA in München – Beschlüsse werden allerdings frühestens auf der nächsten Sitzung im Juni 2017 erwartet.

Kontakte:

  • Sharon Sheets, Slow Food Deutschland, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit s.sheets@slowfood.de, Tel. 030200 04 75-20
  • Ruth Tippe, „Kein Patent auf Leben!“, rtippe@keinpatent.de, 0173 1543409, rtippe@keinpatent.de
  • Christoph Then, „Keine Patente auf Saatgut!“ info@no-patents-on-seeds.org, Tel 0151 54638040.
  • Georg Janßen, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und IG-Nachbau, janssen@abl-ev.de, Tel:04131/407757

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15-3-2017 Presseaussendung Start Kampagne Keine Patente auf Bier