Das Europäische Parlament, die EU-Kommission und die Regierung der EU-Mitgliedsstaaten fordern, dass keine Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung erteilt werden. Diese Forderung wird schon seit Jahren von vielen Nichtregierungsorganisationen, Landwirten und Züchtern erhoben.
Trotzdem hat das Europäische Patentamt (EPA) in den letzten Jahren immer wieder derartige Patente erteilt, die Lebensmittelpflanzen wie Tomaten, Brokkoli, Melonen und zuletzt Braugerste betreffen. Dabei reichen die Patente vom Saatgut bis zur Ernte, von der Gerste bis zum Bier.
Konzerne wie Monsanto, Bayer, Dupont und Syngenta eignen sich mit diesen Patenten Schritt für Schritt die Grundlagen unserer Ernährung an. Gleichzeitig werden traditionelle Züchter aus dem Markt gedrängt oder aufgekauft, Landwirte und Verbraucher geraten in immer stärkere Abhängigkeit. Die Patentinhaber entscheiden, was gezüchtet und angebaut wird, welche Lebensmittel auf den Markt kommen und welche Preise wir dafür zu bezahlen haben.
Das EPA hat bei der Erteilung derartiger Patente jedes erdenkliche Schlupfloch genutzt, um die bestehenden Verbote zu umgehen. Dabei verfolgt das EPA auch eigene wirtschaftliche Interessen: Das Amt verdient an der Erteilung von Patenten. Doch nach den europäischen Patentgesetzen dürfen weder Pflanzensorten noch Tierarten noch konventionelle Züchtung patentiert werden.
Die Patente der Firmen Carlsberg und Heineken zeigen, wie gezielt Industrie und Patentanwälte mit der Unterstützung des EPA rechtlichen Grauzonen nutzen, um die bestehenden Verbote zu umgehen: Die angebliche „Erfindung“ beruht auf zufälligen Mutationen im Erbgut der Gerste, wie sie in der konventionellen Züchtung oft genutzt werden. Die Verwendung der Gerste soll das Bierbrauen etwas vereinfachen und billiger machen, das Bier soll zudem länger haltbar sein.
Die Reichweite der Patente ist ungeheuerlich: Die Patente erstrecken sich auf Braugerste, das Brauen von Bier und das Bier selbst. Zudem umfasst das Patent alle Gerstenpflanzen mit diesen Eigenschaften, unabhängig davon, wie sie gezüchtet wurden. Die Brauereikonzerne können so zweimal verdienen: Am Verkauf des Bieres und am Anbau der Gerste! Gleichzeitig können sie andere Züchter daran hindern, eine noch bessere Gerste zu züchten. So weiten die Konzerne ihre Marktmacht weiter aus – zum Schaden von Landwirten, Züchtern, anderen Brauereien und den Verbrauchern.
Geht es nach dem Willen des Europäischen Patentamtes, sollen derartige Patente auch in Zukunft erteilt werden. Dagegen dürfen nach Auffassung der EU nur Verfahren patentiert werden, bei denen beispielsweise per Gentechnik direkt in das Erbgut eingegriffen wird, nicht aber zufällige Veränderungen des Erbguts.
Jetzt müssen die Regierungen Europas handeln: Gemeinsam können sie im Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes eine schärfere Auslegung der bestehenden Verbote erreichen. Um diese Verbote wirksam zu machen, müssen die Schlupflöcher geschlossen werden. Tatsächlich haben die EU-Regierungen im Februar 2017 eine gemeinsame Initiative beschlossen. Schon im Juni 2017 könnte die Entscheidung fallen. Doch es besteht die Gefahr, dass die Verbote wieder nicht wirksam sind.
Deswegen jetzt einen Brief an Justizminister Heiko Maas schreiben – er ist der in Deutschland verantwortliche Minister. Link
Bericht über Patente auf Saatgut: link